Wechselgeld – eine skurrile aber wahre Geschichte

Dies ist ein Gastkommentar allerdings werde ich den Namen des Verfassers/der Verfasserin nicht nennen. Name und Anschrift sind mir bekannt. Gerne veröffentliche ich Eure Gastkommentare. Wer also ein interessantes Thema oder auch interessante Fotos hat immer her damit.

 Hier nun der Gastkommentar:

Gestern musste ich mal wieder ins Amt. Die sachkundigen Mitarbeiter dort hatten dafür gesorgt, dass meinem Kind Mittel entzogen wurden, die ihm zustanden. Das musste also geklärt werden (lange Wartezeiten inklusive).

Schon beim Betreten des Gebäudes fiel mir ein Mann auf, der einen voll beladenen Einkaufwagen (so einen, mit dem man in den Supermärkten durch die Gänge fährt) vor sich her schob. Vollbeladen nicht mit dem Wochenendeinkauf, sondern mit seiner persönlichen Habe.

Als ich es dann bis in den Wartebereich der für mein Anliegen zuständigen Abteilung geschafft hatte (übrigens nach 2 ½ Stunden), traf ich dort diesen Mann wieder. Er stand wie ich auf dem Gang. Sein Alter war nur schwer zu schätzen, irgendwas zwischen 20 und 35 Jahren. Wettergegerbtes und ja, schmutziges Gesicht, die Farbe seiner Kleidung hatte ein einheitliches Schmutziggrau angenommen. Und er roch. Wie das eben so sein kann, wenn man auf der Straße lebt.

Aber in seinen Händen hielt er eine Aktenmappe, in der seine Unterlagen fein säuberlich parat lagen. Dann kam ein Sachbearbeiter, der ihn augenscheinlich kannte. Schaute sich den Brief an, den der Mann ihm zeigte. Rümpfte die Nase, „nehmense doch mal die Finger da weg“ – und bedeutete ihm zu warten. Kam nach einer Weile wieder, übergab dem Mann eine Chipkarte für eine Barauszahlung am Kassenautomaten des Amtes und verschwand ohne Gruß.

Und – natürlich – dieser Mitarbeiter war dann auch mein (wenig kompetenter) Ansprechpartner. Es gab ein unerfreulich aber erfolgreich verlaufendes Gespräch, mein Anliegen konnte positiv geklärt werden. Aber während ich dort im Zimmer saß, klopfte es. Auch ohne Aufforderung öffnete sich die Tür. Ich drehte mich zur Seite – und sah den (obdachlosen) Mann von vorhin. Er trat ein, ging an den Tisch und legte ein 2-Euro-Stück darauf. Verabschiedete sich und ging wieder. Ich musste lachen. Was für ein seltsames Verhalten. Der Sachbearbeiter grinste ebenfalls und sagte er würde mir erklären, was es damit auf sich hat, aber er müsse erstmal meinen Kram erledigen.

Als wir fertig waren, schlug er eine Akte auf, die vor ihm lag. In diese Akte war ein Plastikbeutel eingelegt, in welchem sich viele Münzen befanden (von einem Cent bis zu 2 Euro-Stücken). Es war die Akte von jenem Mann, der das Geldstück gebracht hatte. Dann wurde mir erklärt, dass der Mann jedesmal, wenn er sich am Automaten das Geld geholt hatte, das Münzgeld genau untersucht. Und jede Münze, die nicht in Deutschland geprägt wurde, bringt er wieder zurück. Im Amt sammeln sie nun die Münzen (schreiben jeden Betrag genau auf) und tauschen sie dann irgendwann. Es kamen so schon mehrere Hundert Euro zusammen. Eine Begründung haben sie dort von dem Mann nicht bekommen (wahrscheinlich hat ihn auch niemand danach gefragt).

Ich war einigermaßen sprachlos, musste aber auch lachen. Schon seltsam, diese Geschichte, oder?

Ein Gastkommentar: Freiwillige vor!

Bei all den negativen Schlagzeilen, die man über die Betreuung der Flüchtlinge hier in Berlin lesen musste, gibt es auch erfreuliches zu berichten. Wo Ämter versagen, weil sie einfach zu träge sind, hilft die Hilfsbereitschaft freiwilliger Helferinnen und Helfer, den Flüchtlingen ihre missliche Lage etwas zu erleichtern. Eine dieser hilfsbereiten Menschen in dieser Stadt hat darüber einen Gastkommentar verfasst. Vielen Dank dafür.

Hier nun der Gastkommentar von @nana:

immer mehr asylbewerber kommen in berlin an. an diesem thema kommt nicht vorbei, wer mit offenen augen durch die stadt geht. auch die medien beschäftigen sich schon wochen mit der situation der flüchtlinge hier. man liest und hört immer wieder von den problemen vor dem lageso, von protesten gegen asylbewerberheime und auch von anschlägen auf solche einrichtungen. inzwischen wird allerdings auch verstärkt das engagement von menschen in den fokus genommen, die sich für flüchtlinge einsetzen.

meine tochter und ich fanden es nun an der zeit, auch selber aktiv zu werden. also haben wir uns auf die suche nach einer möglichkeit gemacht, zeit zu „spenden“ – für eine geldspende fehlen uns die mittel – außerdem wollten wir gern mit anpacken.

es stellte sich heraus, dass die umsetzung dieser idee gar nicht so einfach ist. bestehende „feste“ unterkünfte, in denen asylbewerber dauerhaft untergebracht sind, werden in der regel von freien trägern geführt – die arbeiten gewinnorientiert und lassen sich nicht gern in die karten schauen. was bedeutet, das freiwilligenarbeit dort nicht so gern gesehen wird.

es gibt aber auch notunterkünfte, also übergangsheime, in die flüchtlinge nach der ankunft in berlin gebracht werden. eine solche unterkunft steht in karlshorst, eingerichtet in einem ehemaligen telekom-komplex. dort sind mittlerweise bis zu 1000 (!) menschen unterbracht.

es gibt vielfältige möglichkeiten sich dort einzubringen. die einrichtung wird vom drk geleitet, aber ohne die vielen freiwilligen helfer ginge dort nicht viel. wir haben uns die kleiderkammer für unsere arbeit ausgesucht. dort erhalten menschen, die in diesem heim ankommen, ihre „erstaustattung“ (bettzeug, hygieneartikel) und können sich später einzelne kleidungsstücke, spielzeug und kleine dinge des täglichen bedarfs aussuchen. übrigens jeweils in begrenzter stückzahl, damit die sachen (die alle gespendet wurden) für möglichst viele menschen reichen.

es ist toll zu sehen, wie groß die spendenbereitschaft der leute ist. während der zwei tage, an denen wir dort gearbeitet haben (am donnerstag zum beispiel 6 stunden lang) kamen immer wieder neue spenden an. fast alle, die in karlshorst angebote betreuen (kleiderkammer, essenausgabe, kinderbetreuung) arbeiten ehrenamtlich bzw. freiwillig. ein paar stunden, ein paar tage – jeder wie er kann. es war uns eine große freude, dieses engagement mitzuerleben (alle dort arbeiten hart – profis und freiwillige).

die stimmung in der unterkunft ist übrigens sehr entspannt, dafür sorgen die mitarbeiter des drk und der security. die ist immer präsent – freundlich, aber bestimmt. die meisten hilfesuchenden dort sind männer, überwiegend wohl aus syrien. es leben dort aber auch viele familien mit kindern.

Kleiderkammernatürlich soll an dieser stelle auch ein aufruf nicht fehlen, sich an der hilfe für flüchtlinge zu beteiligen. für die unterkunft in karlshorst gibt es eine tolle webseite – hier findet jeder potentielle helfer alle wichtigen informationen: wie kann ich helfen, was wird gebraucht, es gibt sogar schichtpläne für kleiderkammer und essenausgabe. aber schaut euch die seite doch einfach einmal an: http://nuk.lichtenberg-hilft.de/

für uns war es eine großartige erfahrung, die uns über den frust hinweggeholfen hat, der sich bei uns aufgrund der nicht mehr nur verbalen hetze gegen asylsuchende (in dieser stadt, aber auch in ganz deutschland) aufgebaut hatte. und ich werde auch in der kommenden woche wieder eine „schicht“ einlegen.